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Im Jahre 2008 konnte über die Sotheby´s Auktion ein vorher unbekanntes,
24 Textseiten umfassendes Manuskript der finnischen Grammatik
Rudimenta
linguae finnicae breviter delineata
nach Finnland ersteigert werden. Durch
das Wappen des Wasserzeichens und die darin befindlichen Buchstaben lässt
sich ableiten, dass das im Manuskript verwendete Papier in der Rantzauer
Papiermühle in Schleswig-Holstein, in der Ära des Grafen Christian zwi-
schen 1650 und 1663 hergestellt worden ist. Ebenso weist die senkrechte und
wenige Verkürzungen aufweisende Handschrift auf die 1650er Jahre hin,
auch aufgrund des Zwischenraums und der Höhe der Buchstaben sowie
deren Unterscheidungskraft voneinander.
Rudimenta
ist in recht fließendem, auch lange Sätze aufweisendem Latein
geschrieben worden. Die Orthografie weist einige gleiche von der klassi-
schen Praxis abweichende Charakteristika wie die Grammatiken von Pet-
raeus und Martinius, aber auch Unterschiede auf; regelrechte Fehler gibt es
wenig. Die lateinische Sprache dient im
Rudimenta
auch als Grundlage zur
Beschreibung, doch einige Vergleiche sind auch in schwedischer Sprache
durchgeführt worden.
Rudimenta
ist in fünf Abschnitte eingeteilt:
Nomenclatura
,
Orthographia
,
Etymologia
,
Prosodia
und
Syntaxi
. Die ersten zwei Abschnitte sind jeweils
nur einen Satz lang. Es wird aufgefordert, Vokabular anhand der Glossare
oder der Praxis zu lernen, und es wird festgestellt, dass Finnisch über die
gleichen Buchstaben wie Schwedisch verfügt (bis auf den Buchstaben
ff
).
Das Hauptkapitel der Grammatik bildet die Etymologie, in welcher insbeson-
dere die Deklination eingehend abgehandelt wird. Kasus gebe es die gleichen
sechs wie im Latein (Nominativ, Genitiv, Dativ, Akkusativ, Vokativ und
Ablativ); deren Deklination wird anhand der Wörter
Ihminen
’Mensch’,
Mies
’Mann’
und
Jumal
’Gott’ veranschaulicht. Als Komparationsstufen der Ad-
jektive werden Positiv, Komparativ, Superlativ und eine besondere ”mehr als
Superlativ” (z.B.
Caickein Cunnialisin
’aller ehrbarste’) angeführt. Die Dek-
linationsbeispiele zu den Pronomina werden mit den Pronomina
Minä
’ich’,
Hän
’er, sie’ und
Se
’es’ angegeben. Der größte Teil der Grammatik befasst
sich mit der Vorstellung der Verben. Es wird festgestellt, dass diese sowohl
im Aktiv als auch im Passiv, von den Modi im Indikativ, Imperfekt, Optativ
und Infinitiv, von den Tempora im Präsens, (im einfachen und „komplexen")
Präteritum, im Plusquamperfekt und Futur, von den Numeri im Singular und
Plural, in drei Personen konjugiert werden. Als Beispielwörter werden die
Verben
rakastaa
’lieben’,
kuulla
’hören’
und
olla
’sein’ verwendet. Adver-
bien werden sowohl nach Bedeutung als auch den Präpositionsstrukturen des
Lateins gegliedert. Konjunktionen werden in kopulative, disjunktive, adver-